Demokratische Grundrechte, NRW und ein Kulturfrühstück der FDP in Bielefeld
(Brief vom 5. März 2008)
Mitte Februar 2008 erhielt die Musikschule Schmidt eine Einladung der
FDP-Bundestagsfraktion zu einem Kulturfrühstück "Kultur in Deutschland" am 9. März 2008
in Bielefeld. Die Einladung zu der interessanten (an der kulturellen Entwicklung
interessierten und sie unterstützenden) Veranstaltung mußte leider mit folgendem Schreiben
beantwortet werden (Dokumentation dieses Schreibens Seite 1 und 2, des Schreibens der FDP und eines Schreibens der Kreispolizei Gütersloh im Anschluß an diese Wiedergabe des Textes):
Musikschule Schmidt, Hermann-Hesse-Str. 2a, 33332 Gütersloh
FDP-Bundestagsfraktion - Veranstaltungsbüro
Kulturfrühstück "Kultur in Deutschland" am Sonntag, 9. März 2008 in Bielefeld
Sehr geehrte Damen und Herren,
wir - die Musikschule Schmidt - danken Ihnen für Ihre freundliche Einladung zu Ihrer
Veranstaltung "Kultur in Deutschland", ein Thema mit vielfältigsten Aspekten. Kunst ist für
Sie - wie Sie in Ihrer Einladung formulieren - die "Essenz einer freien Gesellschaft". Kunst
und Kultur seien die Grundlagen einer Gemeinschaft für die Verständigung untereinander.
Die Kultur ist in der Tat - in der umfassenden Bedeutung des Wortes - die Art und Weise des
Umgangs der Menschen miteinander und mit den natürlichen Ressourcen, selbstverständlich
stets auf geschichtlich bestimmter Entwicklungsstufe.
Wie gehen die Regierungen und die Parteien im Jahr 2008 mit den Bürgern dieses Staats um?
Ist Ihre Partei im Jahre 2008 die Partei Ingo Wolfs oder die Gerhart Baums? Der eine steht für
ein verfassungsfeindliches Gesetz, das für die Durchsuchung privater Computer in NRW
durch den Verfassungsschutz (!) sorgt - NRW ist das Bundesland, in dem wir leben und
arbeiten müssen -, der andere für dessen Zurückweisung durch das Bundesverfassungsgericht
am 27.02.2008.
Was soll von jemandem gesagt werden, der anderen einen Hinterhalt legt, ihnen
gewissermaßen die Garrotte heimlicher und umfassender Ausforschung ansetzt und ihnen
dann ein Atemgerät anbietet und hinstellt? Wie kann dieser Zwiespalt ausgehalten werden?
Der Unterzeichner gehört zu denen in diesem Land, die vom Weg in den Überwachungsstaat
(dessen Tradition und dessen Maßnahmen) existentiell betroffen sind. Seit sage und schreibe
1969 ist er von staatlicher und sonstiger Verfolgung (damals der Politischen Polizei aus
Bielefeld und der regionalen Presse) wegen seines Eintretens für die Demokratie - und damit
ist auch das von Ihnen ausgesprochene große Wort "Freiheit" gemeint - betroffen.
Aktuell letzter Stand der Dinge: Mit Schreiben vom 30.01.2008 versucht ein KHK Keller der
Kreispolizeibehörde Gütersloh - bereits hinlänglich bekannt durch seine dreiste Veralberung
des Geschädigten in seiner Bearbeitung einer Strafanzeige wegen Bedrohung 2003 - das
Erscheinen eben dieses Geschädigten und Unterzeichners geradezu überfallartig über das
Wochenende zu einer Vernehmung alias Verhör am 5.02.2008 zur Geschäftszeit zu
erzwingen, bei völliger Unklarheit der Anschuldigung. Es ist eine Provokation im Namen des
Staates. Die Vorladung selbst, eine Einschüchterung ist der Zweck. Das Vorgehen entstammt
einer genügend bekannten Tradition.
Wolfs Gesetz (das bedeutet: schon im Vorfeld konkreter Gefährdungen Überwachung der
Bürger, ohne richterliche Kontrolle, politisch begründet wie vieles in diesen Jahren mit dem
heroischen Kampf gegen Terrornetzwerke, gegen das organisierte große Verbrechen etc.) als
ein weiteres politisches Mittel im Schlepptau der
Schäuble/Koch/Filbinger/Kiesinger-Fraktion zur Einschüchterung (und im Bedarfsfall:
Niederhaltung und Bekämpfung) von Opposition gegen die Wolfsgesetze des Dschungels der
Klassengesellschaft unserer Zeit? Die Verwertung des Werts und deren Wolfsgesetze,
politisch abgesichert und ergänzt durch Wolfs Gesetz zur Erwürgung von Bürgerrechten, von
Grundrechten der Demokratie? Muß ein Minister, der einer Partei mit liberalen Grundsätzen
sein Amt verdankt, durch das Verfassungsgericht zur Achtung der Verfassung gezwungen
werden?
Glücklicherweise hat dieses Land ein Bundesverfassungsgericht, welches mit einer Reihe von
Urteilen deutlich gemacht hat, daß es eine Aushöhlung demokratischer, von der Verfassung
garantierter und deren Grundgedanken berücksichtigender Rechte (in einer durch Computer,
Internet etc. modifizierten Situation) nicht zuläßt und hinnehmen wird. In die Reihe dieser
Urteile gehört das Urteil vom 27.07.2005 zur Telekommunikationsüberwachung.
Sie möchten während Ihres Kulturfrühstücks "im Dialog zwischen Künstlern und
Kulturpolitikern ... darüber diskutieren, welche Impulse und welche Innovationskraft von der
Kunst auf alle Bereiche unseres Lebens ausgehen" (Zitat des Anschreibens). Der
Unterzeichner verweigert sich diesem Dialog nicht, sondern unterstützt ihn, wie Sie an
vorliegendem Schreiben sehen. Lassen Sie sich in der FDP von Sergej Prokofjews
musikalischem Märchen "Peter und der Wolf" (1936) einen Impuls geben und inspirieren,
geben Sie Ihrem Wolf einen passend riechenden Köder (weil er doch gern schnüffeln möchte)
und legen ihn an die Leine. Das tägliche Dementi einer liberalen Politik muß nicht Minister
bleiben. Ein Frühstück mit einem eventuell anwesenden beratungsresistenten Wolf als
Gastgeber kann sich der Unterzeichner - so wie die Dinge liegen, s. oben - schwer vorstellen.
In Hessen hätte die FDP in diesen Wochen Gelegenheit, ein gewissen Raubtieren ähnelndes Gesicht als ihr durchaus fremd, vielmehr ihre wirkliche Liberalität und Verantwortungsbewußtsein für das Bundesland und die Demokratie unter Beweis zu stellen. Auch in diesem Land existieren unbezweifelbar Gegensätze in der ökonomischen und sozialen Wirklichkeit, über die niemand erhaben ist, die zu bewältigen sind. Einem abgewählten, demagogischen Ministerpräsidenten muß sich die Partei nicht verbunden fühlen. Die Bürger, die für einen Wechsel und Neubeginn votiert haben, warten bislang vergeblich auf Bewegung der Liberalen.
Mit freundlichen Grüßen
(Unterschrift)
Einladungsschreiben der FPD-Bundestagsfraktion vom 12. Februar 2008
Antwortschreiben der Musikschule Schmidt vom 5. März 2008 per Postbrief
Vorladung der Kreispolizeibehörde Gütersloh vom 30. Januar 2008
Alle ernstzunehmenden Kommentatoren sind sich einig, daß das System Westerwelle (Monsieur 1,8% le 18 septembre) zu Ende ist. (Vgl. Westerwelle-Zitat der AFP vom 22. März 2011 und in genau diesen Tagen die Ermordung von Zivilisten, Beschießung von Krankenhäusern etc. durch Gaddafi, siehe z.B. Al Jazeera: Timeline March 23)
Im Libyenkonflikt (seit Februar offener Aufstand der Bevölkerung gegen die Diktatur Gaddafis und deren brutale Repression) ist von libyscher Seite und der Arabischen Liga verlangt worden, eine Flugverbotszone einzurichten, um Truppen des Gaddafi-Regimes von Luftangriffen auf die eigene Bevölkerung abzuhalten.
Am 17. März 2011 hat der UN-Sicherheitsrat mit seiner Resolution Nr. 1973 die Einrichtung einer Flugverbotszone über Libyen beschlossen: Zehn Stimmen dafür, keine Stimme dagegen und fünf Enthaltungen. Deutschland hat sich enthalten. Die weiteren Enthaltungen stammen von Russland, China, Indien und Brasilien. Die Resolution fordert an erster Stelle einen sofortigen Waffenstillstand und ein vollständiges Ende der Gewaltanwendungen und aller Angriffe gegen Zivilisten. Als zweites spricht sie sich für eine Intensivierung der Anstrengungen eine Lösung zu finden aus, die „den legitimen Forderungen des libyschen Volkes Rechnung trägt". Damit wurde durch diese UN-Resolution 1973 ein Militärschlag, jedoch unter Beachtung des allgemeinen Waffenembargos und ohne Einsatz von Besatzungstruppen, legitimiert. Am Nachmittag des 19. März 2011 begann die Operation, die zunächst die Stadt Bengasi vor einem Blutbad bewahrte und die seit April ganz unter dem Kommando der Nato fortgeführt wird.
Die Stimmenthaltung bei der entscheidenden Abstimmung des UN-Sicherheitsrates wurde nachträglich von der Bundesregierung (Kanzlerin und Vizekanzler/Außenminister Westerwelle) als Unterstützung der Ziele der Resolution umgedeutet. Andererseits wurde weiterhin selbst für die Durchsetzung eines Waffenembargos gegen das Gaddafi-Regime - bei welcher militärische Maßnahmen wie Schiffskontrollen etc. unvermeidlich sind - eine Beteiligung verweigert.
Der Berliner Groteske und der faktischen Unterstützung Gaddafis bei der Abstimmung - trotz markiger gegenteiliger Erklärungen später - liegt auch der folgende Sachverhalt zugrunde. Bei einer militärischen Beteiligung des Nato-Mitglieds Bundesrepublik ist unvermeidlich die Frage aufgeworfen, woher die Soldaten kommen, welchen Zielen sie verpflichtet sind. Bundesdeutsche Soldaten im Jahre 2011 kommen aus einem Land, in welchem die nachwachsenden Generationen seit 50 Jahren in Generalfeldmarschall-Rommel-Kasernen ausgebildet und stationiert werden. "Am 20. Juli 1961 erhielt die Truppenunterkunft den Namen Generalfeldmarschall-Rommel-Kaserne zu Ehren von Generalfeldmarschall Erwin Rommel." (zitiert nach: Wikipedia, Rommel-Kaserne in Augustdorf bei Detmold) Übrigens stellen noch 2011 deutsche Landminen in Nordafrika und besonders in Libyen als Opfer der sog. Achsenmächte eine Bedrohung für die Menschen dar.
Schon im 1. Weltkrieg war der spätere Hitlergeneral Rommel bei militärischen Angriffen beteiligt, die Kriegsverbrechen und Giftgaseinsatz einschlossen. Ordensverleihung für Rommel 1917: Battle of Caporetto 1917 - Erwin Rommel won the 'Pour le Mérite' for his role in the battle. Deutsches Kriegsverbrechen des Einsatzes von Massenvernichtungswaffen: Deutscher Giftgaseinsatz und Massenmord an Italiern entschied im Herbst 1917 die Schlacht bei Kobarid (19. Mai 1998)
Generalfeldmarschall-Rommel-Zöglinge im Jahre 2011 u.a. in Nordafrika (s. das Afrikakorps z.B. mit Maximilian von Herff, vgl. Wikipedia-Artikel zu Herff) gemeinsam mit britischen, französischen, italienischen Soldaten, um Massaker an der libyschen Bevölkerung zu verhindern? Am 23. September 1943 gab Rommel die Weisung: "Irgendwelche sentimentalen Hemmungen des deutschen Soldaten gegenüber badogliohörigen Banden in der Uniform des ehemaligen Waffenkameraden sind völlig unangebracht. Wer von diesen gegen den deutschen Soldaten kämpft, hat jedes Anrecht auf Schonung verloren und ist mit der Härte zu behandeln, die dem Gesindel gebührt, das plötzlich seine Waffen gegen seinen Freund wendet. Diese Auffassung muss beschleunigt Allgemeingut aller deutschen Truppen werden." Zitiert nach: Wikipedia, Erwin Rommel. Bei den Kriegsverbrechen und Massakern von Marzabotto und Sant'Anna di Stazzema wurde die Weisung Rommels umgesetzt: Marzabotto massacre und Sant'Anna di Stazzema massacre. Vgl. NZZ vom 7. Juli 2011: Neun ehemalige Wehrmachtssoldaten wegen Massaker in Italien 1944 im Juli 2011 in Verona zu lebenslanger Haft verurteilt. Die Bundesrepublik kooperiert nicht mit der italienischen Justiz, liefert die Verbrecher nicht aus und der Kriegsverbrecher Rommel wurde und wird staatlicherseits geehrt bis ins neue Jahrhundert, in dem junge Nazimörder ungehindert durch Strafverfolgungsbehörden über Jahre hinweg rassistische Morde verüben können. Die Bundesrepublik ist kein Rechtsstaat.
Jahrzehnte nach nie dagewesenen Verbrechen werden im Lande der Menschenvergaser Hitler-Generäle (kurz nach begonnener Wiederaufrüstung), Führungspersonal, Ausführende und Parteigänger des Wahnsinns des Völker- und millionenfachen Massenmords an Juden, Sinti, Roma, Polen, Russen etc. geehrt, zum Vorbild gekürt und wegen ihres langen Lebens bis in jüngere Zeit und zahlreich in höchste Staatsämter eines Parteienstaates gehievt. Der sogenannte 'freie Westen' der Kolonial- und Hegemonialmächte (insbesondere die USA nebst ihrem Bündnis mit Franco-Spanien) ist behilflich, deckt Täter und geht bei Hitlers Geheimdiensten in die Lehre.
Sollte diese Traditionspflege von denen in Frage gestellt werden, die alljährlich in das musikalische Jerusalem des Antisemiten Richard Wagner, das Bayreuther Festspielhaus pilgern? Die ganze Verlogenheit und fortgesetzte Gewissenlosigkeit des "wunderbaren Landes" wäre thematisiert, auf internationaler Ebene.
Am Wahlsonntag des 27. März 2011 hat die Dämmerung begonnen. Durch hellwache Menschen, welche durch die Abgewählten sogleich darüber belehrt werden sollten, daß Fukushima die Landespolitik überlagert habe. Pardon: Fukushima hat auch und gerade für die Landespolitik die Augen geöffnet.
Zu Rommel- und Gaddafi-Freunden, denen als Sprecher und Vertreter des "wunderbaren Landes" mit ihrer ganzen Unverschämtheit immer noch kein Korb gegeben werden konnte, vgl. auch die Neue Zürcher Zeitung vom 19. Juni 2011: Kämpfe um westliche Grenzstadt Nalut ... und Maizières "Kurzsichtigkeit"
Zur Geschichte des deutschen Militarismus vgl. II wojna swiatowa, World War II, Seconde Guerre mondiale, Verbrechen der Wehrmacht - Dimensionen des Vernichtungskrieges 1941-1944, Oberkommando des Heeres OKH, in diesem OKH der Hitler-/Adenauer-General und zeitweilige Chef des Generalstabs des Heeres Adolf Heusinger, der Generalstabsoffizier des OKH Ulrich de Maizière (Vater des oben genannten Verteidigungsministers Maizière), die Hitler-Generäle Heinz Guderian, Franz Halder, Alfred Jodl, Wilhelm Keitel, Hans Krebs und Kurt Zeitzler. Der Hitler- und Adenauer-General und Chef der Operationsabteilung des Generalstabes im Oberkommando des Heeres Adolf Heusinger wird aktuell mit einem General Heusinger Preis der Führungsakademie der Bundeswehr und einer ebenfalls nach ihm benannten General-Heusinger-Kaserne (General Heusinger Kaserne auf der Website "Kasernennamen der Bundeswehr") in Hammelburg geehrt.
Wenige Tage nach Maizières Belehrung der Nato - der Libyeneinsatz, d.h. die Rettungsaktion und Hilfe für die libysche Zivilbevölkerung und die Gaddafi-Gegner sei "kurzsichtig", s. den zitierten Artikel der NZZ vom 19. Juni 2011 über die Kämpfe um westliche Grenzstadt Nalut ... und Maizières "Kurzsichtigkeit" - stellt sich die militärische Lage für die Gaddafi-Gegner günstiger dar. Maizières nun eilig folgendes Angebot von Ausrüstunghilfe für den "kurzsichtigen" Natoeinsatz findet keine Annahme: NZZ 29. Juni: Gaddafi-Gegner erobern Waffenlager - außerdem 40 Tonnen Kriegsmaterial aus Frankreich geliefert - keine deutschen Bauteile für Nato-Einsatz, Lieferung durch andere
Aber Leopard Panzer für Kopf-ab-Saudi-Arabien: Saudi troops quietly pull out of Bahrain after crackdown on anti-government protests - 200 German tanks 'Leopard' to Saudi-Arabia - Saudi sources confirm German tanks deal - 44 tanks already bought
Nach Bekanntwerden des Skandals - modernste deutsche Kampfpanzer für ein grausames Unterdrücker-Regime - verweigert die "christlich-demokratisch" geführte Bundesregierung gegenüber der eigenen Bevölkerung und der Welt, die in zwei Weltkriegen deutsche Waffen kennenlernen mußte, jede Auskunft: Bundesregierung schweigt zu Panzergeschäft. Neue Zürcher Zeitung vom 6. Juli 2011, vgl.: German parliament to debate sale of 200 tanks to Saudis. In der erwähnten Parlamentsdebatte am 6. Juli fehlen Kanzlerin, Außen-, Verteidigungs- und Wirtschaftsminister. Sie demonstrieren Verachtung gegenüber dem Parlament, der eigenen Bevölkerung und vor allem der Demokratiebewegung in islamischen und arabischen Ländern. "Wir können auch schießen." und 31 August 2011: Wir können auch schießen lassen.
Weiter zum Artikel: Nachrichten aus einem "wunderbaren Land" (Zitat) und dort gegebene Verweise.